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Tag der Druckluft

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1995 wurden in die mehr als 100 km untertägigen Rohrleitungen je Tag ca. 1 Mio. Nm³ Luft mit einem Druck von 4,5 bar eingespeist. Die Kosten beliefen sich auf ca. 3,3 Mill. €/anno, bzw. 1,25 €/Tonne geförderter Kohle. Das Projekt "Senkung des Druckluftverbrauchs" ging Anfang 1996 mit einer Zielsetzung von 20 % Einsparung in die Planung. Nach umfangreicher Analyse der Erzeugung, der Rohrleitungssysteme und der Druckluft verbrauchenden Anlagen wurde ein Maßnahmenpaket geschnürt, welches ab Oktober 1996 innerhalb von nur 6 Monaten erfolgreich umgesetzt wurde.
Ein Teil dieser Maßnahmen war die Mitarbeiter-Information und Motivation,
die es uns ermöglichte, diese ökologischen und betriebswirtschaftlichen Ergebnisse
bis zum heutigem Tage beizubehalten.



In folgenden Bereichen zeigen sich positive Effekte: Die Motivationsmaßnahme gründet in folgenden Anwendungsfeldern:

1.  Besonderheiten eines Bergwerks

Historisch bedingt war Druckluft bis weit in die 60er Jahre wegen der herrschenden Explosionsgefahr durch Methangas ein stark gebräuchlicher gefahrloser Energieträger für den Antrieb nahezu aller mechanischer Anlagen. Allerdings ist die mechanische Ausbeute sehr gering, überschlägig nur ca. 1/10 der für die Drucklufterzeugung eingesetzten elektrischen Energie.

Die technische Entwicklung hat dazu geführt, dass heute jede Maschine gefahrlos elektrisch betrieben werden kann, so dass  Druckluft (neben kleinerer handbetriebener Werkzeuge) in großen Mengen nur noch für den pneumatischen Baustofftransport und für Sonderfälle (meist sicherheitsrelevante und redundante Anlagen wie Pumpen + Lüfter) benötigt wird, somit letztendlich immer noch unverzichtbar ist.

Im Bergbau sind im Gegensatz zu übertägig errichteten Produktionsstätten die Produktionsbetriebe (Streckenvortriebe + Kohlenabbau) in ständiger räumlicher Bewegung!

So fährt  z.B. ein Abbaubetrieb mit seiner gesamten maschinellen Ausrüstung (bis zu 2 MW installierte Leistung) auf gut 300 m Breite in einem Jahr bis zu 2000 m zu Felde.

Das BW Ost fährt im Jahr ca. 10.000 m neue Grubenbaue auf und ca. die gleiche Menge wird abgeworfen" (geschlossen). Entsprechend werden alle energieführenden Systeme vor - oder zurückgebaut. Somit werden auch die Druckluftrohrleitungen und die Druckluftanlagen mitbewegt. Nicht nur ebenerdig, auch geht es oft auf - oder abwärts, immer der Kohle folgend. Dazu stellen sich Belastungen (Drücke, Verformungen) durch das umliegende Gebirge ein. Nichts ist statisch!!

Die Zahl der untertägig eingesetzten Druckluftverbraucher variiert somit ständig in bestimmter Menge, auf Grund dessen eine relativ hohe mögliche Drucklufterzeugerkapazität vorgehalten werden muss.

Eine der größten Verbraucher ist das Verbundnetz der pneumatischen Baustoffförderanlagen, die je Tonne des verwendeten Baustoffes ca. 750 Nm³ Druckluft mit min. 4 bar benötigen. Es sind durchschnittlich 30 Baustoffversorgungsanlagen im Einsatz.

Hier konnte in der Vergangenheit durch Optimierung des Baustoffes, der Blassystematik und teilweise Ersatz durch hydraulische Baustoffversorgung von über Tage bis zu bestimmten Endverbrauchern (Abbaubetriebe + Streckenvortriebe) die notwendige Druckluftmenge deutlich reduziert werden.

Eine weitere Besonderheit liegt in der Tatsache, dass in einem gutem, leckagearmen Rohleitungsnetz mit ca. 0,5 bar Druckerhöhung!! je 1000 m Tiefenzunahme zu rechnen ist, somit kann der Einspeisedruck relativ gering gehalten werden!

Diese Druckerhöhung resultiert aus der Masse der Luftsäule im abwärtsführenden Leitungssystem.

2. Maßnahmen bis 1996 bis Heute

Das entwickelte Maßnahmenpaket umfasst sowohl eine gezielte "Mitarbeitermotivation" in Form eines "Tages der Druckluft", als auch Substitution von Druckluftanlagen durch elektrische Antriebe und viele weitergehende Einzelmaßnahmen wie z.B. Fernsteuerung der Kompressorregelung.


3. "Tag der Druckluft" ( Mitarbeitermotivation )

Einmal jährlich wird an einem Tag, das gesamte!! untertägige Druckluftnetz des Bergwerk von ca. 20 Mitarbeitern befahren und auf Dichtigkeit geprüft. Dabei werden kleine Undichtigkeiten sofort beseitigt. Abdichtmaßnahmen, die einen Instandsetzungsauftrag bedingen, werden exakt mit Schwere, Ort und Arbeitsumfang beschrieben (Auswertliste) und sichtbar eindeutig gekennzeichnet. Vor, während und nach dem Tag der Druckluft wird die gesamte Belegschaft (3300 Mitarbeiter) für die Aktion sensibilisiert und ständig durch Plakatierungen, Laufschrift in der Waschkaue und Artikel in der Werkzeitschrift informiert. Wurden 1996 noch 495 Undichtigkeiten erfasst, waren es im Jahr 2002 "nur" noch 237 Undichtigkeiten, obwohl durch den Verbund zweier Bergwerke, zum jetzigem Bergwerk Ost, das Grubenfeld auf die doppelte Größe angewachsen war. Die Nachhaltigkeit dieses Tages zeigt sich in einer stetig geringer werdenden Zahl an Leckagen und daran, dass sich mittlerweile nahezu jeder Mitarbeiter mit dem Erfolg identifiziert. Die Reparaturerfolge werden genauso in die Belegschaft kommuniziert, wie die Ankündigung der Aktion. Die Sensibilität für das Erkennen und Abstellen von Undichtigkeiten insbesondere an Druckluftanschlüssen hat in der Mannschaft einen hohen Stellenwert erreicht. Es wird zunehmend von den Mitarbeitern realisiert, das ökologisch sinnvolles Handeln zugleich ökonomisch eine Sicherung der Arbeitsplätze bedeutet!!

4. Substitution

Wesentliche Einsparungen im Druckluftverbrauch konnten durch gezielten Ersatz/-Austausch von Druckluftdauerläufern (z.B. Lüfter) gegen rein elektrisch angetriebene Anlagen erzielt werden. Allein der Austausch von z.B. drei Druckluftlüftern ersparte ca. 3478 €/Monat bzw. ca.10.350 Nm³/d. Die nach wie vor notwendigen Kombinationslüfter werden mit einem "Negativventil" ausgerüstet, welches den unbeabsichtigten Lauf im Druckluftmodul verhindert. Konsequent wurden druckluftbetriebene Sohlensenklader (niedrig bauender Bagger) in den letzten 3 Jahren gegen Senklader mit elektrischem Antrieb ausgetauscht.

5. Weitere Maßnahmen

Im Jahr 1997 konnte ein wesentlicher Erfolg durch Außerbetriebnahme der druckluftintensiven Scheibenfilter in der Kohlenwäsche des Teilstandorts Haus Aden erreicht werden.

Vier Jahre später konnte die Kohlenwäsche des Teilbereiches Haus Aden komplett stillgelegt werden, da durch den untertägigen Verbund beider Baufelder seither die gesamte abgebaute Kohle zur Kohlenwäsche am Förderstandort Heinrich-Robert zu Tage gehoben wird.

Seit Mitte 2002 sind die Baufelder über eine 500er Rohrleitung miteinander verbunden. Es ist im Zusammenhang mit dem in 2004 optimierten Regelverhalten der eingesetzten Kompressoren nun möglich, mit nur einem Kompressor am Standort Heinrich-Robert die gesamte Grube mit ausreichend Druck zu versorgen. Bezeichnend ist es, dass aus der konsequenten Umsetzung der Positionen 3 - 4 der Einspeisedruck von 4,5 bar auf inzwischen 4,1 bar Einspeisedruck verringert werden konnte.

6.  Aktuell eingesetzte Druckerzeuger

Es sind Großverdichter mit einer Luftleistung zwischen 16.000 Nm³/h und 32.000 Nm³/h installiert. Hinzu kommen 2 Schraubenverdichter mit einer Luftleistung von 240 Nm³/h.

Es handelt sich bei den Verdichtern um MS Synchronmaschinen, die in der Blindstromkompensation optimiert wurden. An allen Anlagen wurden die "klassischen" Steuerungen durch eine SPS S7300/400 mit sogen. "intelligenten" Schnittstelle ET 200 von Siemens ersetzt.

Die Kohlenbürstenüberwachung, eine neue Schwingungsaufnehmer-Generation sowie der Austausch sämtlicher Messumformer/Temperaturfühler mit Implementierung in die SPS ergänzen die Optimierungsmaßnahmen.

Zur Instandhaltung werden tägliche Kontrollen an den maschinen durchgeführt. Regelmäßige Revisionen der Verdichter und ihrer Antriebsmotoren erfolgen in Abständen von 4-5 Jahren. Eine Wärmekopplung für die Maschinenhalle befindet sich zur Zeit im Planungsstadium.

7.  Optimierung der Systeme

Nachdem die großen mengenrelevanten Verbesserungen gemeistert sind, kann nur noch mit intensiver Detailarbeit ein nennenswerter weiterer Erfolg erreicht werden.

Sämtliche Verdichteranlagen wurden mittels Datenanbindung zur zentralen "Tageswarte" verbunden. Hier werden die Daten visualisiert ( elektrische Werte, Luftmengen, Druckkurven) die Verdichter können aus der Ferne aus bzw. eingeschaltet werden, sowie die Druck- und Mengenparameter vorgegeben werden.

Zur Zeit ist eine sogenannte "übergeordnete Steuerung" in Arbeit. Diese Steuerung schlägt für jeden Betriebszustand die richtige Auswahl und Kombination der Verdichter vor.

Am Standort Grimberg (entferntester Ort) wurden 06/2004 die übertägigen Baustoffversorgungsanlagen mittels zweier "Tageskompressoren versorgt (max.2040 Nm³/h). Diese Kompressoren schalten nur auf Bedarf ein. Durch diese Maßnahme war es möglich, den Einspeisedruck an Heinrich-Robert auf 4,1 bar nachhaltig zu besichern!!

Die tägliche Überwachung der Drucklufterzeuger, sowie die kontinuierliche Prüfung der Rohrleitungsnetze und der Druckluftanlagen im über- und untertägigen Bereich wird seit dem Jahr 1996 durchgeführt. Dadurch können schnell Problemfälle erkannt, zugeordnet und die jeweiligen Ursachen abgestellt werden.

8.  Fazit 

Noch 1996 wurden ca. 47.000 Nm³/Mon. erzeugt und verbraucht, im Jahr 2004 hat sich die Erzeugung auf dem Niveau von max. ca. 17.000 Nm³/Mon. stabilisiert. Es ist abzusehen, dass sich die Zielgröße in 2005 deutlich unter 17.000 Nm³/Mon. einstellen wird.

Die Kosten von ca. 3,3 Mill. €/anno bzw. 1,25 €/geförderter Tonne Kohlen in 1995 haben sich auf ca. 2,45 Mill. €/anno  bzw. 0,66 €/geförderter Tonne Kohlen  in 2003 reduziert.

Reduzierung des Rohrleitungsnetzes, großzügiger Rohrleitungsverbund der beiden Baufeldnetze, Außerbetriebnahme nicht zwingend notwendiger Drucklufterzeuger, Ersatz von Druckluftverbrauchern durch elektrisch angetriebene Maschinen, teilweiser

Ersatz der pneumatischen Baustoffversorgung durch hydraulische Versorgung vom Tage, kontinuierliche Prüfung des Netzes und der Anlagen, somit Einbeziehung aller Mitarbeiter in die Überwachung und Organisation eines "lebenden" Druckluft-Netzes sowie die optimierte Überwachung und Regelung der Drucklufterzeugung mittels Tageswarte haben in den letzten 8 Jahren erfolgreich geprägt.

Auch in Zukunft wird, wenngleich mit größerem Aufwand und geringerem Erfolg, die Drucklufterzeugung sich noch wirtschaftlicher darstellen lassen.

Der Baufeldverbund wurde mit einer der bestehenden 500er Leitung parallel gebauten 400er Leitung zur Zeit nachhaltig besichert.

Zur Überwachung wurde in der Tiefe von  -1300 m eine Druck- und Mengenmessung zwischen den beiden Baufeldern ( eine Strecke von 2,5 km Rohrleitung aus der Tiefe  -1100 m  nach  -1500 m ) eingebaut.

Ziel ist es, das gesamte Bergwerk mit einem dann nochmals reduzierten Einspeisedruck unterhalb von 4,1bar zu betreiben.

Eine Ausweitung der hydr. Baustoffversorgung auch für einzelne Streckenvortriebe( durchschnittlich laufen ständig 13-15 Vortriebe) ist zu prüfen, sie könnte einige der pneumatischen Baustoffversorgungsanlagen überflüssig machen.

Die Zukunft ist Vergangenheit und Gegenwart; der jährliche "Tag der Druckluft" wird konsequent weitergeführt.

Der dauerhafte und nachhaltige Erfolg aller Maßnahmen wurde insbesondere durch konsequente technische Weiterentwicklung und die Einbeziehung, Sensibilisierung sowie Motivation der Mitarbeiter erzielt.

Die Identifikation mit dem Arbeitsplatz, dem gesamtem Betrieb, beschreibt das Klima auf unserem Bergwerk Ost.

Ein herzliches Glückauf

Peter Nettelmann


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